Einigung bei Erbschaftssteuer

Wie viel Steuern müssen Firmenerben zahlen? Um diese Frage wird seit Monaten erbittert gestritten, zuletzt setzte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist für eine Einigung. Nun haben sich Bund und Länder verständigt.

Nach langem Ringen haben sich Bund und Länder auf eine Reform der Erbschaftsteuer verständigt. Kurz vor Ablauf einer letzten, vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist einigten sich Vertreter von Union, SPD, Grünen und Linken nach Angaben von Teilnehmern im Vermittlungsausschuss auf neue Regeln zur steuerlichen Begünstigung von Firmenerben. Dem Kompromiss müssen noch der Bundestag und der Bundesrat zustimmen. Dies könnte noch in dieser Woche erfolgen, möglicherweise an diesem Freitag in einem Eilverfahren.

Einigung in zahlreichen Detailfragen
Mit der Einigung werden Firmenerben auch künftig steuerlich begünstigt, wenn sie das Unternehmen längere Zeit fortführen und Arbeitsplätze erhalten. Wichtigster Knackpunkt war die Unternehmensbewertung, die wegen der derzeit extrem niedrigen Zinsen zu stark erhöhten Ergebnissen führt. Künftig gilt, dass das Betriebsergebnis des Unternehmens maximal mit dem Faktor 13,75 multipliziert wird. Im ursprünglichen Gesetz war noch ein Faktor von maximal 12,5 vorgesehen. Zudem soll in Fällen, in denen ein Erbe finanziell überfordert ist, die fällige Steuer nicht mehr für zehn Jahre zinslos gestundet werden können, sondern nur für sieben Jahre, wobei außerdem ab dem zweiten Jahr Zinsen fällig werden. Bei großen Betriebserbschaften ab 26 Millionen Euro wird es ein Wahlrecht geben: Entweder der Erbe begleicht die Steuerschuld auch aus seinem Privatvermögen oder der Steuererlass wird abgeschmolzen, bis er bei 90 Millionen Euro ganz entfällt. Auch in zahlreichen anderen Detailfragen schafften die je 16 Vertreter von Bundestag und -rat im Vermittlungsausschuss eine Einigung. So soll es nicht möglich sein, private Vermögenswerte wie eine Kunstsammlung in das – begünstigte – Betriebsvermögen zu verschieben.

Seehofer: „Ich bin sehr zufrieden“
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer begrüßte den Kompromiss; „Ich bin zufrieden, sogar sehr zufrieden“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Es sei gut, dass eine Lösung gefunden worden sei, so auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz von der SPD. „Denn letztendlich wäre es ein schlechtes Zeichen, wenn das Bundesverfassungsgericht das Erbschaftsteuerrecht neu regelt, weil der Gesetzgeber nicht in der Lage ist, sich zu verständigen.“

Auch die deutsche Wirtschaft begrüßte die Einigung. Familienunternehmen hätten nun Rechtssicherheit – nicht zuletzt bei Investitionen und Einstellungen, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer. Die Übergabe auf die nächste Generation würde für viele Unternehmen allerdings teurer. „Die steuerliche Entlastung des Mittelstandes und der Familienunternehmen bleibt deshalb für die nächste Legislaturperiode auf der Tagesordnung.“

BDI skeptisch
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hingegen übte Kritik. Durch die Neuregelung würden die eigentümer- und familiengeführten Unternehmen deutlich höher belastet, als von der Politik zugesagt, erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber. „Die Koalitionsaussage, keine unnötigen Mehrbelastungen zu beschließen, wurde durch das Vermittlungsverfahren relativiert.“

Auch FDP-Finanzexperte Volker Wissing hat große Zweifel an der vereinbarten Reform. Er gehe davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht auch diese Regelung aufhebe, sagte der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister im ARD-„Morgenmagazin“. Die Richter in Karlsruhe hatten in der Vergangenheit klargestellt, dass eine gestaltungsfähige Erbschaftsteuerregelung verfassungswidrig sein könne. Die Einigung zur Erbschaftsteuerreform scheine aber extrem gestaltungsfähig zu sein, sagte Wissing. „Damit sind wir wieder genau da, wo wir waren: Es muss nur geklagt werden, und dann fällt das ganze wieder wie ein Kartenhaus zusammen.“

Einnahmen stehen allein den Ländern zu
Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherigen Privilegien Ende 2014 als zu weitgehend gekippt und schon bis Ende Juni schärfere Vorgaben verlangt. Diese Frist konnte der Gesetzgeber nicht einhalten. Die vom Bundestag vor der Sommerpause beschlossenen Regeln waren SPD, Grünen und Linken in den Ländern zu großzügig. Der Bundesrat lehnte das Gesetz ab. 

Mit fünf bis sechs Milliarden Euro pro Jahr spült die Erbschaft- und Schenkungsteuer nur wenig in die Staatskassen. Das ist nicht einmal ein Hundertstel des gesamten Steueraufkommens. Die Einnahmen stehen allein den Ländern zu.

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