DGB: Neue Kritik an Gesundheitsreform

photocaseÃ?RZTE.jpegDie geplante Gesundheitsreform würde die soziale Ungleichheit weiter zuspitzen, befürchtet der DGB Hamburg und erneuert die Kritik an den Eckpunkten zur Gesundheitsreform. Die Organisation fordert zur Beteiligung an der Großdemo in Berlin am 21. Oktober auf.

„Mit der Ablehnung dieser unsäglichen Pläne befinden wir uns mittlerweile zwar in großer Gesellschaft, allerdings muss man genau auf die Argumente der verschiedenen Gegner hören“, so Erhard Pumm. „Den Gewerkschaften geht es um ein solidarisches, qualitativ gutes Gesundheitssystem mit Beitragsgerechtigkeit, und nicht darum, die Pfründe einzelner Berufsgruppen oder der Kassenärztlichen Vereinigung zu retten. Wir wollen eine Bürgerversicherung, in die peu à peu die gesamte Bevölkerung einbezogen wird und bei der auch Beiträge auf Einkunftsarten wie z.B. Kapitalerträge, erhoben werden.

Arme Menschen leben sieben Jahre weniger – das stellte die Nationale Armutskonferenz 2004 fest. Die Uni Leipzig fand heraus: Arbeitslose leiden unter einem vierfach höherem Sterberisiko als Erwerbstätige, die gleich alt sind. Und die Techniker Krankenklasse ermittelte, dass Arbeitslose mehr als dreimal so häufig von psychischen Erkrankungen betroffen sind als
berufstätige Versicherte.

Gut verdienende Menschen in Privatkassen sind in der Regel die gesünderen, und so wäre es absehbar, dass durch die Gesundheitsreform bei der GKV die Kosten steigen und damit ausgerechnet die weniger gut Verdienenden mit hohen Zusatzbeiträgen belastet würden.

„1,019 Millionen gesetzlich Krankenversicherte gibt es in Hamburg. Viele von ihnen werden immer weniger Leistungen von ihren Krankenkassen (GKV) erhalten und dafür auch noch mehr zahlen müssen“, so Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg. „Insbesondere die Beitragssatzsteigerung um 0,5 Prozent ab 2007 sowie die verkappte Kopfpauschale, der Zusatzbeitrag, den gesetzlich Versicherte bei Geldknappheit ihrer Kasse alleine in einen Gesundheitsfonds zahlen sollen, stellen eine Benachteiligung für die meisten Arbeitnehmer und
ihre Familien da. Die Unternehmen bleiben dabei außen vor – eine weitere Erosion der paritätisch finanzierten Krankenversorgung.“

Um keine Mitglieder zu verlieren, werden die Kassen versuchen Extra-Beiträge zu begrenzen – zu Lasten der Leistungen. Wer genug Geld hat, kann sich zusätzlich privat versichern, um die Lücken wieder zu schließen: „Es droht die ,Verriesterung‘ der Gesundheit“, so Erhard Pumm.

Erhard Pumm: „Die begrüßenswerte Verschiebung der Gesundheitsreform sollte man jetzt dafür nutzen, alle bisherigen Pläne ad acta zu legen und noch einmal von vorne zu beginnen: Die Krankenversicherung als ein wichtiges Standbein der sozialen Versicherungssysteme muss solidarisch werden! Auch dafür werden wir am 21. Oktober in Berlin auf die Straße gehen – wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an der DGB-Großdemo zu beteiligen.“

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Erst mit der Gesundheits«reform» von 2004 wurden die GKV-Patienten heftig zur Kasse gebeten – damals wurden höhere Zuzahlungen für Medikamente, med. Hilfsmittel und Krankenfahrten sowie die Praxisgebühr (10 Euro für Zahnarzt und 10 Euro für die anderen Ärzte pro Quartal) eingeführt. Zudem verabschiedete man sich von der paritätischen Finanzierung beim Krankengeld, für das Arbeitnehmer nun mit monatlich 0,5 Prozent Beitragssatz ihres Bruttogehalts alleine aufkommen müssen. Auch der Leistungskatalog wurde
zusammen gestrichen. Die versprochenen Beitragssatz-Senkungen der Krankenkassen blieben jedoch weitgehend aus.

Der DGB lädt ein zur öffentlichen Veranstaltung „Was bringt die Gesundheitsreform?“ – Experten diskutieren mit Politikern am Mittwoch, 11.10. von 17.30 bis 21 Uhr im Gewerkschaftshaus. Die Einladung gibt es hier als PDF.

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