Ausbildung: Senat übernimmt Verantwortung

photocaseARBEIT.jpegMehrfach hat der DGB nach der Versorgung der Schulabgänger gefragt – nach fünf Jahren Amtszeit endlich gesteht der Senat jetzt Lehrstellenmangel und das Scheitern des Ausbildungskonsenses ein! Die Landesregierung hat ein „Sofortprogramm“ mit 780 Plätzen aufgelegt, das der DGB begrüßt. Und SPD-Sprecherin Britta Ernst sagt: „Der Senat führt das rot-grüne Programm wieder ein, das er 2001 abgeschafft hat.“

Die GAL begrüßt die heute vom Senat angekündigte Schaffung von 780 staatlich finanzierten Ausbildungsplätzen zum Start des Ausbildungsjahrs 2006. „Fünf Jahre lang hat die CDU bei Thema Ausbildungsplätze den Kopf in den Sand gesteckt. Nun sieht offenbar selbst der Wirtschaftssenator ein, dass auf die Ausbildungsplatzversprechen der Kammerfunktionäre kein Verlass ist. Dass der Senat endlich Verantwortung für die Ausbildungsplatzsuchenden übernimmt, ist längst überfällig“, sagt die Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion Christa Goetsch.

Wirtschaftssenator Uldall hatte in der heutigen Pressekonferenz eingestanden, dass der Ausbildungskonsens gescheitert ist: Auf dem Ausbildungsmarkt in Hamburg klaffe dieses Jahr eine Lücke von 1500 – 2000 Ausbildungsplätzen.

„Der Ausbildungskonsens ist gescheitert. Die CDU setzt nun heute dort an, wo Rot-Grün 2001 aufgehört hat“, sagt Goetsch.

Dies helfe jedoch nut sehr kurzfristig. Leider sei nicht erkennbar, wie der Senat den Übergang Schule-Beruf dauerhaft so gestalten wolle, dass es in Zukunft keine Sofortprogramme mehr geben müsse. „Statt sich um die Jungendlichen zu kümmern hat die die CDU fünf lange Jahre damit verbracht, den Kammerfunktionären möglichst viel Einfluss auf die Beruflichen Schulen zu sichern“, so Goetsch.

Goetsch fordert den Senat auf, endlich ein Konzept für den Übergang von der Schule in den Beruf zu entwerfen, bei dem allgemeinbildende und berufliche Schulen, Betriebe und die Arbeitsagentur zusammenarbeiten. Schließlich befänden sich immer noch mehr als 10.000 Jugendliche im Übergang Schule- Beruf – ohne echte Chance auf Ausbildung und Arbeit.

„Was der Senat Ende 2001 faktisch beendet hat, nimmt er jetzt – gegen die ursprüngliche Argumentation – wieder auf.“ Mit diesen Worten hat die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Britta Ernst, auf das heute vorgestellte „Sofortprogramm Ausbildung“ reagiert.

„Der Senat will jetzt die Form überbetrieblicher Ausbildung praktizieren, die er vor fünf Jahren zusammengestrichen hat“, sagte Ernst, in der SPD-Bürgerschaftsfraktion verantwortlich für den Bereich betriebliche Bildung. Der Senat vollziehe eine Kehrtwende zurück. Der Wirtschaftssenator sei allerdings auf dem Holzweg, wenn er glaube, in einem „einmaligen Kraftakt“ ließen sich die aktuellen Probleme der Ausbildung Jugendlicher lösen. Die jahrelangen Versäumnisse haben ihre Spuren hinterlassen.

Falsch sei auch die Aussage von Schulsenatorin Dinges-Dierig, seit Jahrzehnten schiebe die Stadt eine „Bugwelle nicht vermittelbarer Jugendlicher“ vor sich her. „Die Senatorin weiß es besser. Diese Welle entstand erst mit dem Jahr 2001, als ein extremer Rückgang bei den Ausbildungsplätzen einsetzte. Die Senatorin sollte die eigenen Statistiken lesen, bevor sie so etwas in die Welt setzt. Wahr ist, dass ein Großteil der Probleme hausgemacht sei“, kritisierte Ernst.

Der DGB Hamburg begrüßt das Sofortprogramm Ausbildung 2006 als erste Maßnahme zur Bekämpfung der Lehrstellenmisere in Hamburg und wertet es auch als Erfolg der Gewerkschaften, die kontinuierlich den Finger in die Wunde gelegt und Gegenmaßnahmen eingefordert hatten. Erst jüngst hatte sich der DGB für ein kurzfristig wirkendes Sofortprogramm für qualitativ hochwertige außerbetriebliche Ausbildungsplätze ausgesprochen.

„Mit diesem Programm gesteht der Senat endlich das Ausbildungsplatzproblem in Hamburg und damit die Erfolglosigkeit des 2004 mit den Kammern geschlossenen Ausbildungskonsenses ein“, sagt Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg.

Pumm weiter: „Die Unternehmen haben wider die Vereinbarung nicht jedem ausbildungsfähigen
und -willigen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung gestellt, der Senat jedoch erfüllte einseitig sein Versprechen und gestaltete die Berufsschulreform zu Gunsten der Arbeitgeber. Nun ,brennt die Hütte‘ und es wird aus Steuermitteln ein Programm aufgelegt. Das ist zwar besser als nichts, löst jedoch das strukturelle Problem nicht, das sich durch die
Untätigkeit des Senats weiter verschärft hat. In den vergangenen zwölf Jahren ist die Zahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen in Hamburg um rund 25 Prozent eingebrochen. Weil die Unternehmen nicht bereit sind, ihrer Ausbildungs-Verantwortung nachzukommen, geraten wir zunehmend in eine Verstaatlichung der Ausbildung – Ausbildung wird immer stärker durch Steuer- und Beitragszahler finanziert.“

So sank der Anteil der Azubis, die im Schuljahr 2005/2006 im dualen System eine Lehre begannen sank auf nur noch 46,8 Prozent. 53,2 Prozent gingen im selben Jahr in ein Angebot der Berufsfachschulen oder Berufsvorbereitung. Im Schuljahr 2004/2005 lag der Anteil der Jugendlichen in der dualen Ausbildung noch bei 47,8%.

Ein weiteres Problem ist die Diskrepanz zwischen der realistischen Zahl unversorgter Lehrstellenbewerber und derjenigen, die als Bewerber anerkannt werden und überhaupt in die Statistik gelangen: Mehrere Tausend Jugendliche fallen so komplett durchs Rost!

27 419 Jugendliche (plus 13,6 Prozent verglichen mit dem Vorjahr) wandten sich seit Oktober 2005 bis Sommer 06 ratsuchend an die Arbeitsagentur – doch nur 7 187 von ihnen (minus vier Prozent) wurden nach der Selektion durch die Agentur für Arbeit als Bewerber anerkannt.

Erhard Pumm:“Ausbildungsplatznot und Jugend-Arbeitslosigkeit sind viel zu ernste Themen, als dass man sie durch Aussortieren, Rosafärben der Statistik und Schönreden wegdefinieren darf. Ausbildung ist und bleibt Sache und Verpflichtung der Unternehmen. Wir halten deshalb weiter an einer bundesweiten Ausbildungsplatzumlage fest, wollen zunächst aber für Hamburg
eine Kammerumlage im Rahmen einer landesrechtlichen Lösung erreichen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.