Depressionen weiter auf dem Vormarsch

Psychische Erkrankungen sind 2012 erneut gestiegen und werden damit für die Arbeitswelt zunehmend zum Problem. Aber bislang haben nur wenige Betriebe eine Strategie, wie sie Mitarbeiter vor psychischer Belastung bei der Arbeit schützen. Hamburg fordert nun verbindliche Regeln in einer bundesweiten Verordnung.

Die DAK-Gesundheit legt als erste Kasse neueste Analysen zum Krankenstand für das vergangene Jahr vor. Psychische Erkrankungen rückten erstmals auf Platz zwei der Krankschreibungen. Sie sind 2012 um vier Prozent gestiegen. Nur Muskel und Skeletterkankungen verursachten noch mehr Ausfalltage.

Demgegenüber sank der Krankenstand leicht gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte und lag bei 3,8 Prozent. Ein DAK-Versicherter war durchschnittlich 14 Kalendertage arbeitsunfähig. Positiv: Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Versicherten (52,1 Prozent) meldete sich im gesamten Jahr 2012 gar nicht krank. Für ihre repräsentative Analyse wertete die DAK-Gesundheit die Daten von 2,7 Millionen Beschäftigten aus.

Arbeitsbedingter Stress ist als ein wesentliches gesundheitliches Problem längst in aller Munde. Immer mehr Menschen werden aufgrund psychischer Störungen ärztlich behandelt. Aber bislang haben nur wenige Betriebe eine Strategie, wie sie Mitarbeiter vor psychischer Belastung bei der Arbeit schützen. Der Umgang mit arbeitsbedingter psychischer Belastung ist im Arbeitsschutz bislang unzureichend gesetzlich geregelt. Hamburg fordert deshalb verbindliche Regeln in einer bundesweiten Verordnung.

„Psychische Belastung braucht einen adäquaten Platz im betrieblichen Arbeitsschutz“, so Cornelia Prüfer-Storcks, Hamburgs Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz. Eine Verordnung soll das Arbeitsschutzgesetz künftig konkretisieren und den Umgang mit arbeitsbedingter psychischer Belastung verbindlich regeln. „Eine ins Gespräch gebrachte Selbstverpflichtung für Betriebe oder die bloße Ergänzung des Arbeitsschutzgesetzes, wie seitens der Bundesregierung aktuell auf den Weg gebracht, ist vielleicht ein erster Schritt, greift aber zu kurz. Deshalb haben wir bereits mit einem Beschluss auf Initiative Hamburgs bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz ein deutliches politisches Signal für eine Rechtsverordnung gegeben. Diese Verordnung würde ein konkretes und wirkungsvolles Instrument zur gesundheitlichen Prävention am Arbeitsplatz schaffen.“

Unternehmen sollen demnach künftig verpflichtend ermitteln, ob und welche Gefährdungen am Arbeitsplatz auftreten, etwa durch die Arbeitsaufgabe, -mittel, -organisation oder durch soziale Bedingungen. Die Verordnung soll Maßnahmen benennen, die eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch psychische Belastung verringern oder vermeiden. Ebenso sollen Risikofaktoren und Gestaltungsgrundsätze festgeschrieben werden, die in Betrieben zu berücksichtigen sind. Zudem soll die Verordnung die Anforderungen an Betriebe dabei ebenso klar wie verbindlich beschreiben, so dass die Arbeitsschutzbehörden prüfen können, ob Unternehmen diese angemessen erfüllen. Dazu reicht die von der Bundesregierung angekündigte Ergänzung des Arbeitsschutzgesetzes aus Hamburger Sicht allein nicht aus.

„Betriebe sind gefordert ihre Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gesundheitsgefährdungen möglichst erst gar nicht entstehen“, so Senatorin Prüfer-Storcks. „Im Arbeitsschutz gibt es für viele Arbeitsbelastungen verbindliche Regelungen, wie beispielsweise zum Heben und Tragen oder zur Bildschirmarbeit. Aber für den Umgang mit psychischer Belastung fehlen sie. Wenn die Bundesregierung hier nicht handelt und das Arbeitsschutzgesetz nicht mit einer Verordnung konkretisiert, werden wir gemeinsam mit anderen Ländern mit einer Bundesratsinitiative aktiv werden.“

Ihre Position werden die Länder auch bei der Veranstaltung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Thema „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ am 29. Januar in Berlin noch einmal verdeutlichen. Dort wird Kristin Alheit, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein, die Forderungen der Länder u.a. gegenüber Ministerin Ursula von der Leyen vertreten.

Petra Heese, beim DGB Hamburg für das Thema Arbeitsschutz zuständig: „Psychische Gesundheitsgefährdung ist ein zu ernstes Thema, um es lediglich durch eine Selbstverpflichtung der Betriebe zu regeln. Deswegen erwarten wir von der Bundesregierung eine deutlichere Ergänzung des Arbeitsschutzgesetzes. Dieses muss aber auch einhergehen mit einer personellen Aufstockung beim Amt für Arbeitsschutz, zum Beispiel hier in Hamburg. Im Bundesschnitt führen lediglich zwanzig Prozent der Betriebe die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsanalyse unter Berücksichtigung psychischer Belastungen durch. Das zeigt, dass diese Aufsichtsstelle jetzt schon an ihre Grenzen stößt. Die konkrete Umsetzung und Kontrolle des Gesetzes würde dafür sorgen, dass sich auch die Arbeitsbedingungen der Menschen wieder verbessern.“

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