Arbeiten am Limit – auf Kosten der Gesundheit

Nur 13 Prozent der Beschäftigten in Deutschland bewerten ihre Arbeitsbedingungen grundsätzlich gut. Ein Fünftel arbeitet unter schlechten Bedingungen. Insbesondere die hohen Arbeitsbelastungen und die damit verbundenen Probleme treiben die Menschen um. Das sind zentrale Ergebnisse des DGB-Index Gute Arbeit 2019, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Die Arbeitsintensität liegt seit Jahren auf einem hohen Niveau. Damit sind für viele Beschäftigte starke psychische Belastungen verbunden. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, sehr häufig oder oft unter Zeitdruck arbeiten zu müssen. Ein Viertel der Befragten können die von ihnen geforderte Arbeitsmenge nicht in der vereinbarten Arbeitszeit bewältigen. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen. Wer unter Arbeitsüberlastung leidet, lässt Erholungspausen häufiger ausfallen und geht auch trotz Krankheit häufiger zur Arbeit. Knapp 60 Prozent der Betroffenen fühlen sich nach der Arbeit oft leer und ausgebrannt.  

Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds: „Viele Beschäftigte arbeiten am absoluten Limit. Arbeitsstress gefährdet die Gesundheit und darf nicht zur Regel werden. Hier liegt die Verantwortung ganz klar bei den Arbeitgebern. Sie müssen die Überlastung und die damit einhergehenden gesundheitlichen Gefährdungen der Beschäftigten vermeiden. Die Gewerkschaften haben zahlreiche Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zum Schutz der Gesundheit abgeschlossen. Diese müssen zum Standard für alle Beschäftigten werden. Deshalb fordern wir die Koalition auf, die Tarifbindung und die Mitbestimmung zu stärken. Die allseits beschworene Fachkräftesicherung muss vor allem im Betrieb selbst anfangen – mit gesunden Arbeitsbedingungen.“

Darüber hinaus forderte Hoffmann eine Modernisierung des Arbeitsschutzgesetzes. „Das zentrale Manko ist seit Jahren, dass der Großteil der Betriebe die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen gar nicht durchführt. Das ist angesichts der hohen psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ein Armutszeugnis. Deshalb brauchen wir – insbesondere in Zeiten einer sich rasant verändernden Arbeitswelt – ein Update beim Arbeitsschutz.“

Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG): „Der Index zeigt deutlich: Die Arbeitsverdichtung steigt und damit auch die Arbeitsbelastung in den Berufen der Lebensmittelindustrie und des Gastgewerbes. Zunehmende Hetze und Stress machen krank. Es ist ein deutliches Alarmsignal, wenn mehr als 60 Prozent der Beschäftigten im Gastgewerbe sagen, nicht bis zum Rentenalter arbeiten zu können. Deshalb sind auch die Bestrebungen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, das Arbeitszeitgesetz zu schleifen, der völlig falsche Ansatz. Wir brauchen mehr statt weniger Gesundheitsschutz in der Arbeitswelt.“

Zum Index
Mit dem DGB-Index Gute Arbeit werden seit 2007 einmal im Jahr abhängig Beschäftigte zur Qualität ihrer Arbeitsbedingungen befragt. Die Ergebnisse spiegeln die Sicht der Beschäftigten auf ihre Arbeitsbedingungen wider; auf dieser Basis beschreibt der DGB-Index Gute Arbeit die Arbeitsqualität in Deutschland. 2019 wurden bundesweit über 6.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aller Branchen, Berufe, Einkommens- und Altersgruppen, Regionen und Betriebsgrößen befragt. Neben den jährlichen Fragen zur Arbeitsbelastung, dem Einkommen, dem Sinn der Arbeit und der Ressourcenausstattung lag der Schwerpunkt in diesem Jahr auf der Arbeitsintensität und ihren gesundheitlichen Folgen.

Downloads

DGB-Index Gute Arbeit: Jahresbericht 2019

DGB-Index Gute Arbeit: „Report 2019 – Arbeiten am Limit“ (Kurzfassung)

Alle Grafiken zum DGB-Index Gute Arbeit 2019 (ZIP-Datei)

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