Am langen Arm verhungern? Immer mehr Hürden für Betriebsräte

„Sehen Sie das als gelbe Karte an, wie Sie mit Ihrem Betriebsrat umgehen!“ Dies schrieb kürzlich der Richter der Personalchefin eines Laborunternehmens vor dem Hamburger Arbeitsgericht ins Stammbuch.

Ausgangspunkt war die Praxis der Geschäftsführung, die Prämienzahlungen an die Mitarbeiter/-innen mit den gesetzlich vorgeschriebenen Kosten des Betriebsrats verrechnen zu wollen. Dazu veröffentlichte der Arbeitgeber diese Kosten regelmäßig am „schwarzen Brett“ und bedauerte obendrein in
Schreiben an die Belegschaft, dass der Betriebsrat „das vorgesehene Geld für die Mitarbeiterprämien unsinnig verplempert“ hätte.

Eine Ausnahme in Deutschland? Leider lassen immer mehr – vor allem kleine und mittlere Unternehmen – den Betriebsrat am langen Arm verhungern. Es fängt schon im Kleinen an. Zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber immer wieder „vergisst“, den Betriebsrat zu informieren, dass mitbestimmungspflichtige Änderungen im Betriebsablauf stattfinden. Und mit einem einfachen „Haben wir nicht gewusst!“ ist es da nicht getan.

Vielmehr kann dann von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht die Rede sein. „Diese scheinbare Arbeitgeber-Demenz sehe ich als bewusste Störung der Betriebsratsarbeit an, denn die meisten Geschäftsführungen und Personalleitungen wissen genau, wann der Betriebsrat hinzugezogen werden muss“, sagt Oliver Venzke vom IG BCE-Bezirk Hamburg/Harburg.

Immer noch haben die meisten Arbeitgebervertreter wenig Interesse an der Mitbestimmung. Ein großer Fehler, denn so bleiben die Potenziale der Beteiligung von Mitarbeitern in Unternehmensentscheidungen oft ungenutzt. Nur besonders aufgeklärte Unternehmen nutzen die Fachkenntnis und Meinungen ihrer Beschäftigten, was sich dann auch in der Profitabilität und der Motivation der Mitarbeiter/-innen niederschlägt. Diverse Studien der Hans-Böckler-Stiftung haben dies nachgewiesen (mehr: www.boeckler.de).

Andere Unternehmen versuchen, das zeigen aktuelle Beispiele aus dem Bezirk, Betriebsräte aus dem Unternehmen zu klagen, gehen gegen ehemals freigestellte BR-Mitglieder vor, verweigern grundsätzlich Informationen oder auch das Monatsgespräch. Die IG BCE bereitet Betriebsräte auf Konfliktsituationen vor. Venzke: „Das gilt sowohl präventiv als auch in der akuten Situation. Wir bieten Schulungen an und stehen mit Rat und Tat zur Verfügung.“

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Report: Ausgabe Oktober-November 2014

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