Jetzt auch Hapag-Millionen in Gefahr?

Vor ein paar Monaten ließen sich die Herrschaften noch als hanseatische Retter feiern. Aber Zweifel sind angebracht: Die weltweiten Turbulenzen bringen offenbar auch Hapag-Lloyd in schwere See. Bezeichnend ist, dass der Senat im Haushaltsausschuss alle Auskünfte zu Details der hamburgischen Verpflichtungen verweigert und nur versichert, alles sei gut. Das hat er bei der HSH Nordbank auch gesagt – bis zum bitteren Ende.

Kritik kommt von der SPD:

Angemessener Kaufpreis für Hapag-Lloyd
statt Sanierungsgeld für die TUI

In der Diskussion um den Kauf der Reederei Hapag-Lloyd durch das Hamburger Konsortium hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion scharfe Kritik an der Blockade-Haltung von CDU und GAL geübt. „Uns allen liegen das Wohl der Reederei und der Erhalt der Arbeitsplätze am Herzen“, sagte der SPD-Finanzpolitiker Thomas Völsch am Freitag. Ein Bericht des Senats über ein Geschäft dieser Dimension gehöre aber parlamentarisch beraten. SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher sagte, das blinde Vertrauen der CDU in die unternehmerische Kompetenz des Senats sei angesichts des HSH-Nordbank-Desasters erstaunlich. „Wir haben dieses Vertrauen nicht“, sagte Tschentscher. „Wir wollen einen angemessenen Kaufpreis für Hapag-Lloyd und den Erhalt der Reederei am Standort Hamburg – und nicht eine Sanierung des TUI-Konzerns in Hannover mit Steuergeldern aus Hamburg.“

Hintergrund: Am späten Donnerstag Abend verhinderten CDU und GAL im Unterausschuss Vermögen und Öffentliche Unternehmen erneut, dass die aktuelle Problematik noch vor den Haushaltsberatungen diskutiert wird. Bereits in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses hatten CDU und GAL eine Behandlung des Themas nicht zugelassen. „Es müsste klar sein, dass sich Themen dieser Tragweite nicht unter den Teppich kehren lassen“, sagte der SPD-Finanzpolitiker Thomas Völsch. Die SPD stehe weiterhin zum Kauf von Hapag-Lloyd. Ziel des Engagements müsse aber weiterhin der Erhalt von Hapag-Lloyd am Standort Hamburg sein und nicht eine Sanierung der TUI in Hannover.

Nach wie vor stehe unter anderem die Frage im Raum, ob und wie sich die aktuelle Finanzkrise und der dramatische Verfall der Transportraten auf das Geschäft der Reederei Hapag-Lloyd und damit auf ihren Wert und ihren Kaufpreis auswirkt.

Und so äußert sich die LINKE:

„Finanzkrise lässt Hapag-Lloyd taumeln …und die Hansestadt auch“

– so die Schlagzeile des Hamburger Abendblattes. Auch Hapag-Lloyd hat massiv unter der weltweiten Wirtschaftskrise und den dadurch dramatisch gesunkenen Frachtraten für Container gelitten. Es droht ein Verlust für 2008 und die Banken könnten das Sonderkündigungsrecht für Kreditlinien in Anspruch nehmen, das ihnen bei Veränderungen des Unternehmens zusteht.

Mit Elan haben sich die vermeintlichen Wirtschaftsprofis im Hamburger Rathaus so ein weiteres Problemfeld beschafft: Die Hansestadt ist über ihre Vermögensholding mit 484 Millionen Euro an der Reederei Hapag-Lloyd beteiligt. Hinzu kommt eine 175 Millionen Euro teure Garantieerklärung für die von Hapag-Lloyd in Auftrag gegebenen Schiffsneubauten.

Dr. Joachim Bischoff, haushalts- und finanzpolitischer Sprecher, erklärt:

„Der Senat hält an seiner ‚bewährten‘ Strategie fest: Man leugnet alle Probleme bis es zu spät ist und blockiert die parlamentarische Aufarbeitung. Nur weil Verluste in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro drohen, scheint das für den Senat noch lange kein Grund zu sein, sich Gedanken über das sich abzeichnende Krisenszenario zu machen. Die Koalitionsmehrheit hat eine Beratung über Hapag-Lloyd im Haushaltsauschuss ebenso abgelehnt wie im Unterausschuss über öffentliche Unternehmen. Mit Einsatz der parlamentarischen Mehrheit werden – wie bei der Elbphilharmonie und der HSH Nordbank – alle Probleme weggedrückt.“

Hapag-Lloyd ist im Oktober 2008 vom Touristik-Konzern TUI an ein Hamburger Konsortium verkauft worden. TUI selbst bleibt mit 33,3 Prozent beteiligt. Hamburg ist mit 23 Prozent Mitgesellschafter des Konsortium Albert Ballin. In diesem Konsortium hält der Unternehmer Klaus-Michael Kühne 25 Prozent, die restlichen Anteile sind von der M.M.Warburg Bank, der Versicherung Signal Iduna, der HanseMerkur und der HSH Nordbank übernommen worden.

Der Kaufpreis für die Reederei betrug 1,4 Milliarden. Bestandteil des Deals war aber auch die Übernahme eines großen Schuldenberges. Jetzt gibt es ein doppeltes Problem: Nach dem Ankauf droht erstens eine längere wirtschaftliche Durststrecke und zweitens zögern die Banken, angesichts von Finanz- und Wirtschaftskrise die Kreditlinien für Hapag-Lloyd zu verlängern.

Mit großer Wucht hat der globale Konjunkturabschwung den maritimen Container-Verkehr erreicht. Nach Jahren der Nachfrageexpansion, die für Rekordpreise gesorgt hatte, sind im letzten Quartal des vergangenen Jahres Transportvolumen und Tarife weltweit eingebrochen. Beispiel: Die in Singapur ansässige NOL, die 2008 noch Interesse an einer Übernahme von Hapag-Lloyd bekundet hatte, hat inzwischen die Belegschaft um rund 10% abgebaut und bis zu einem Viertel ihrer Kapazität aus dem Verkehr genommen. Anders als in Hamburg, wo noch immer das baldige Ende der Krise prognostiziert wird, geht man in Asien, den USA etc. davon aus, dass sich das Container-Geschäft erst ab 2012 wieder beleben wird.

Die Entwicklung im Seefrachtverkehr spiegelt sich im Luftverkehr, wo der Cargo-Bereich ebenfalls eingebrochen ist und Luftfahrtgesellschaften die Ausmusterung von Maschinen und für die Piloten Kurzarbeit angesagt haben. Schließlich vergrößern sich durch diese Entwicklung die Probleme der HSH Nordbank, die eben nicht nur ein Global Player bei „toxischen“ Wertpapieren war, sondern auch massiv in der Schiffs- und Flugzeugfinanzierung investiert ist.

Gewiss, die Dimension der Krise ist neu. Aber gerade dies sollte die Politiker der Mehrheitsfraktion zu neuen Überlegungen und Anstrengungen veranlassen. Das berühmte „Weiter so!“ von Finanzsenator Freytag und seinen schwarzgrünen Gefolgsleuten wird für die Hansestadt sonst in einem großen Desaster enden.

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