350 Jahre Altona

Anlässlich des 350. Geburtstages Altonas hat sich das Statistikamt Nord auf Spurensuche begeben und dem Ort anhand alter Veröffentlichungen nachgespürt, die sich in der Bibliothek des Amtes finden.

Ein vollständiges oder gar lückenloses Bild Altonas kann dieser historisch-statistische Überblick von den Anfängen Altonas bis zu seiner Eingemeindung in das Land Hamburg im Jahr 1938 selbstverständlich nicht vermitteln. Aber der Wandel Altonas vom Fischerdorf zum heutigen multikulturellen, pulsierenden Bezirk spiegelt sich auch in stetig steigenden Einwohnerzahlen und in wachsenden Exporten wider.
Andere, teils skurril anmutende Statistiken geben einen zusätzlichen Eindruck der Lebensumstände der jeweiligen Zeit und Vergleiche mit der Gegenwart verdeutlichen das Ausmaß der Veränderung. Die Karte (s. PDF-Dokument) erleichtert dabei einen Abgleich der Ergebnisse mit dem jeweiligen Gebietsstand.
1664: Verleihung der Stadtrechte an Altona durch den dänischen König Friedrich III.
1710
Ab dem frühen 18. Jahrhundert finden sich erste Angaben zur Anzahl der Wohnungen in Altona. So werden „1 420 Wohnhäuser, 326 Wohnsäle,
175 Wohnkeller und 416 Wohnbuden, zusammen 2 337 Wohnungen“ für das Jahr 1710 erwähnt. Für 1742 wird die Zahl von 3 809 Wohnungen genannt.
1769
Eine erste Einwohnerzahl ist für das Jahr 1769 überliefert. Demnach lebten 18 055 Menschen in Altona. Der Statistiker Deder, dem die Erhebung zugeschrieben wird, wird dabei folgendermaßen zitiert: „Wenig Bediente des Staats, wenig Gesinde in den Häusern, wenig dem Publico zur Last fallende Armen. Wirklich, Altona verdient Aufmerksamkeit!“.
1803–1845
Mit der Volkszählung vom 13. Februar 1803 wurden 23 099 „Köpfe“ in Altona gezählt. Hier sind jedoch keine weiteren Merkmale wie Geschlecht o.Ä. dokumentiert.
Im Jahr 1835 ist die Bevölkerung nach einer weiteren Volkszählung bereits auf
26 393 angewachsen. Zu der Zeit war jeder fünfte Einwohner unter zehn Jahre alt.
Weiterhin gab es in diesem Jahr „außer verschiedenen kleinen Toback- und Cigarettenfabriken, die von ein oder zwei Männern betrieben werden, vorzüglich
12 größere und bedeutende“ in Altona. Diese beschäftigten zusammen 297 Menschen, darunter mehrere Kinder. Darüber hinaus gab es unter anderem auch „Eine Fabrik von grüner und weißer Seife, verbunden mit einer Oelfabrik“, „Eine Baumwollen Garn- und Wattenfabrik“, „Huthfabriken, Filzhuth- und Seidenhuthfabriken“, „Haartuchfabriken“, „Essigfabriken“ sowie eine „Buntpapierfabrik“ in Altona.
Die nächste Volkzählung vom 1. Februar 1845 verzeichnete für Altona dann 32 200 Menschen. Dabei war das Geschlechterverhältnis mit 49,9 Prozent Frauen nahezu ausgeglichen. Knapp 29 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner waren unter 15 Jahre alt und nur 4,2 Prozent 65 Jahre oder älter.
Zum Vergleich: Aktuell liegt der Frauenanteil im Bezirk Altona bei rund 52 Prozent. Der Anteil der unter 15-Jährigen beträgt 14,4 Prozent und im Alter von 65 und mehr Jahren sind 18,5 Prozent.
Der offizielle Ausländeranteil betrug 1845 rund 27 Prozent; dies ist darauf zurückzuführen, dass in der Statistik selbst alle Hamburgerinnen und Hamburger Ausländer waren.
Mit 42,6 Prozent waren die meisten Menschen „Fabrikanten und Handwerker“,
19,9 Prozent waren „Kaufleute, Gastwirthe, Makler, Krüger“ und etwas weniger waren „Arbeitsleute, Tagelöhner“ (15,5 Prozent). Von der Seefahrt lebten nur etwa drei Prozent der Menschen.
1871
Die Volkszählung von 1871 erfasste bereits 74 102 Frauen und Männer in Altona, die sich auf 17 356 Haushalte verteilten. Damit lebten durchschnittlich rund
4,3 Personen in einem Haushalt. Der Anteil der „Einzel-Haushaltungen“ lag bei
7,9 Prozent.
Zum Vergleich: Aktuell leben im Bezirk Altona durchschnittlich 1,8 Menschen in einem Haushalt. Der Anteil der Einpersonenhaushalte an allen Haushalten liegt bei 53,6 Prozent.
Ein Großteil der Menschen arbeitete im „Bergbau und Hüttenwesen, Industrie und Bauwesen“ (45,7 Prozent) sowie im „Handel und Verkehr“ (25,4 Prozent).
Der Ausländeranteil betrug 1,4 Prozent, die meisten kamen aus Dänemark
(217 Personen) und fast ebenso viele aus der „Oesterreichisch-ungarische[n] Monarchie“ (214 Personen). Weiterhin lebten 1871 bereits 23 Menschen aus den „Vereinigte[n] Staaten von Nordamerika“ und 43 aus „Mittel- und südamerikanische[n] Republiken“ in Altona.
Zum Vergleich: Heute liegt der Ausländeranteil im Bezirk Altona bei 13,9 Prozent; die meisten Ausländerinnen und Ausländer kommen aus der Türkei, aus Polen und aus Portugal.
1889/1890: Eingemeindung der Orte Ottensen, Övelgönne, Bahrenfeld und Othmarschen
1892–1900
Innerhalb von gut 20 Jahren ist die Altonaer Bevölkerung dann stark gestiegen. Der „Jahresbericht über die Veränderungen der Bevölkerung während des Jahres 1892 in der Stadt Altona“ weist 149 074 Frauen und Män-ner in der „Gesammtstadt Altona-Mitte“, die nun auch Ottensen, Bahrenfeld, Othmarschen und Övelgönne umfasst, aus.
1892 brachten 647 Frauen ein uneheliches Kind zur Welt. Fast jede Zweite
(49 Prozent) fiel in die Berufsgruppe der „Arbeiterinnen, Näherinnen, Schneiderinnen, Kellnerinnen etc.“ und nur 0,5 Prozent der unehelichen Mütter waren „Prostituirte“.
7 400 Verhaftungen wurden im Jahr 1894 in Altona durchgeführt, davon mehr als jede dritte (35 Prozent) wegen „Hülfs- und Obdachlosigkeit“ und gut jede fünfte
(22 Prozent) wegen „Unfug[s]“.
930 Schiffe kamen 1894 im Altonaer Hafen an und 938 verließen den Hafen in diesem Jahr.
Die Anzahl der in Altona angeschlossenen Glühlampen stieg zwischen 1893 und 1894 von 5 256 auf 7 419.
In der „Gesammtstadt Altona“ wurden mit der Berufszählung vom 2. Dezember 1895 genau 414 landwirtschaftliche Betriebe erfasst.
Die Gewerbegerichte erledigten 353 Fälle im Jahr 1896, davon 104 durch einen Vergleich.
1897 wurde für 15,29 Prozent aller Verstorbenen „Erkrankungen der Verdauungsorgane“ als Todesursache genannt. „Schwindsucht“ war in
11,81 Prozent der Fälle die Ursache des Todes.
Im Durchschnitt des Jahres 1897 kosteten 60 Eier 3,76 Mark. Ein Kilogramm geräucherter Speck kostete 1,44 Mark und Rindfleisch von der Keule 1,63 Mark pro Kilogramm.
2 022 350 Personen wurden 1899 auf dem Altonaer Ring mit der Straßenbahn befördert. 1898 waren es noch 1 517 184.
Für das Jahr 1900 verzeichnet die Statistik drei Badeanstalten in Altona: in der Bürgerstraße, der Hafenstraße und der Sternstraße. Zusammen wurden sie in diesem Jahr von 288 591 Menschen besucht.
1901–1910
Am Ende des Jahres 1901 betrug die Einwohnerzahl Altonas 164 778. Dabei standen die Zeichen sowohl aufgrund eines Geburtenüberschusses
(5 175 Geborene gegenüber 3 337 Gestorbenen) wie auch eines positiven Wanderungssaldos (31 664 Zugezogene gegenüber 29 136 Fortgezogenen) weiterhin auf Wachstum.
221,4 Kilometer Hauptkabel der „Altonaer Electricitätswerke“ waren am 1. Juli 1901 verlegt, elf Kilometer mehr als ein Jahr zuvor.
Zu Anfang des Winterhalbjahres 1901/1902 gab es, mit Ausnahme der Gymnasien, 48 Schulen mit 26 271 Schülerinnen und Schülern sowie 591 Lehrerinnen und Lehrern in Altona.
Im Jahr 1901 sind knapp 477 000 Tonnen (t) Waren im Altonaer Hafen ein- und gut 104 000 t über See ausgeführt worden. Die häufigsten Herkunftsländer waren Großbritannien und die Vereinigten Staaten. Viele der Importe blieben in Deutschland und gingen vorzugsweise ins Rheingebiet.
Die Zahl der Gäste in den drei Altonaer Badeanstalten betrug 1904 mittlerweile
357 197.
Im Jahr 1908 kosteten 60 Eier nun schon 5,17 Mark. Der Preis für geräucherten Speck stieg auf 1,73 Mark und Rindfleisch von der Keule kostete 1,85 Mark je Kilogramm.
1910 waren 1 691 Bogenlampen, 56 778 Glühlampen sowie 1 361 Motoren bei den Altonaer Elektrizitätswerken und 10 485 Grundstücke an das Wasserwerk angeschlossen.
Im selben Jahr kamen im Altonaer Hafen 1 894 Schiffe an. Die Zahl der abgegangenen Schiffe belief sich auf 1 895.
1913
Am 31. Dezember 1913 betrug die Einwohnerzahl Altonas nach der Bevölkerungsfortschreibung 184 634.
1 960 Seeschiffe kamen in diesem Jahr im Altonaer Hafen an, darunter 990 Dampfschiffe. Die Zahl der abgegangenen Seeschiffe belief sich ebenfalls auf 1 960, darunter 991 Dampfschiffe. Dabei wurden 1 109 774 t Waren
ein- und 147 925 t ausgefahren.
In der Altonaer Fischauktionshalle war der Schellfisch mit 6 671 585 Pfund der meistversteigerte Fisch, am zweithäufigsten wechselte Kabeljau
(4 196 365 Pfund) den Besitzer.
Für den 1. Januar 1914 wurden neun Segelschiffe sowie 42 Dampfschiffe mit dem Heimathafen Altona registriert.
1927: Eingemeindung der Gemeinden Rissen, Sülldorf, Blankenese, Nienstedten, Osdorf, Lurup, Stellingen-Langenfelde, Groß Flottbek sowie Klein Flottbek aufgrund des Groß-Altona-Gesetzes
1925–1928
Am 16. Juni 1925 wohnten 185 653 Menschen in den alten Stadtgrenzen Altonas. Zu diesem Zeitpunkt waren rund 47 Prozent der Bevölkerung ledig, 45 Prozent waren verheiratet, 6,6 Prozent verwitwet und 1,5 Prozent geschieden.
Zum Vergleich: Zuletzt betrug der Anteil der Verheirateten an der Gesamtbevölkerung im Bezirk Altona 36,6 Prozent, der der Geschiedenen lag bei 8,4 Prozent.
Von Januar bis August dieses Jahres wurden 31 447 „Fremde“ in Altonaer Gasthöfen verzeichnet. Von den Ausländerinnen und Ausländern kamen die meisten aus Dänemark (509 Personen). Aus Holland kamen 139 Frauen und Männer und aus „Großbritannien-Irland“ 96.
Zum Vergleich: Allein im Mai 2014 besuchten rund 561 000 Touristen Hamburg.
1926 erhielt die Städtische Infektionsanstalt 32 Aufträge zur Ausgasung von Räumlichkeiten sowie 73 Aufträge zum Auslegen von Gift. Außerdem wurden neun Erwachsene, 43 Kinder und 77 Kleidungsstücke entlaust.
Die Zahl der Verkehrsunfälle belief sich in diesem Jahr auf 1 020, davon gut die Hälfte verschuldet durch Kraftwagen. 17 Menschen starben bei diesen Unfällen.
1927 verfügte Groß-Altona über 257,3 Hektar (ha) öffentliche Park- und Gartenanlagen sowie über 129,2 ha Friedhöfe. Es gab 27 Turn-, Spiel und Sportplätze mit 55 Wettspielfeldern; in diesen Anlagen waren Umkleideräume für
2 731 Personen, 45 Duschen sowie „Reihenwaschanlagen“ für 90 Personen vorhanden. Außerdem wurden sechs Schießsportanlagen mit zusammen 61 Schießbahnen registriert.
Zudem wurden in diesem Jahr auf 1 072 ha Vieh gehalten, Ackerbau wurde auf
1 486,3 ha betrieben.
Die Anzahl der angeschlossenen Glühlampen betrug nun schon 602 457.
Mit der Eingemeindung stieg die Bevölkerung um knapp ein Viertel auf
231 872 am 31. Dezember 1927 an.
1933–1936
1933 war noch knapp ein Fünftel (19,1 Prozent) der Altonaer Bevölkerung unter
15 Jahre alt. In Hamburg waren es etwas weniger (17,4 Prozent) und in Harburg-Wilhelmburg etwas mehr (21,1 Prozent).
Zum selben Zeitpunkt wurden 6 272 Geschäfte in Altona gezählt (Hamburg: 29 474), darunter 1 257 für Lebensmittel und Kolonialwaren, 639 für Obst u. Gemüse, 518 für Tabakwaren sowie 616 Gast- und Speisewirtschaften.
Altonaer Männer verdienten 1934 durchschnittlich 1 987 Reichsmark (RM), die Frauen dagegen nur 1 176 RM. Damit verdienten die Frauen damals rund
59 Prozent eines Männerlohns.
Zum Vergleich: Im Durchschnitt des Jahres 2010 verdienten vollzeitbeschäftigte Frauen in Hamburg gut 20 Prozent weniger als Männer.
1935 betrug die Zahl der Wohngebäude bereits 19 758. Weiterhin gab es nun 17 Kinos mit zusammen 10 764 Sitzplätzen und 168 Beschäftigten in Altona.
Zum Vergleich: Aktuell beträgt die Zahl der Wohngebäude im Bezirk Altona
36 981.
1936 ist die Einwohnerzahl Altonas laut Amt für Wirtschaft und Statistik auf 243 784 Menschen angestiegen. Für dieses Jahr sind Warenempfänge im Wert von
32,9 Mio. RM im Altonaer Hafen verzeichnet worden, während sich der Wert der versendeten Waren auf 24,6 Mio. RM belief. Gleichzeitig wies Altona eine Pro-Kopf-Verschuldung von 400 RM auf und stand damit an Platz sieben der deutschen Großstädte (ohne Hansestädte).
Eine Schulklasse bestand zu dieser Zeit im Schnitt aus 48,3 Kindern, der Frauenanteil unter den Lehrkräften der Altonaer Schulen war mit 45,1 Prozent besonders hoch (Dt. Reich: 26,3 Prozent).
1937: Groß-Hamburg-Gesetz
Mit dem Inkrafttreten des Groß-Hamburg-Gesetztes zum 1. April 1938 verlor Altona seine Selbstständigkeit und wurde Teil des Landes Hamburg.
Im heutigen Altona leben gut 257 000 Menschen. Gemessen an der ersten überlieferten Einwohnerzahl von 1769 ist die Bevölkerung Altonas damit auf das
14-fache angewachsen.
Der Bezirk erstreckt sich heute über eine Fläche von rund 7 800 ha. Der erste Siedlungsbereich ab 1664 (s. Karte/PDF-Dokument) umfasste noch etwa 130 ha, das bedeutet eine Flächenausdehnung um den Faktor 60.
Gefallen ist dagegen die Bevölkerungsdichte. Während 1664 sich noch etwa
110 Frauen und Männer einen ha Stadt teilten, sind es heute nur noch rund 32.

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